Ju Kengo: Udo, wann hast du mit Karate angefangen?

Udo Henkevoß: Das war Anfang der 80er in Duisburg. Mein kleiner Bruder hatte mit Karate angefangen und kam immer völlig fertig mit blauen Flecken nach Hause. Das hat meinen Beschützerinstinkt geweckt und ich bin mitgegangen. Er hat dann nach sechs Monaten aufgehört – ich bin geblieben.

Was hat dich gehalten?

Ich war von Anfang an fasziniert von Karate, ich konnte mich beweisen. Ich mochte das körperlich Anstrengende, auch wenn es damals ziemlich hart und knochentrocken war. Wir wurden ja damals noch richtig geschliffen, wenn wir im Kibadatschi stehen mussten, dann haben wir auch noch jemand auf den Rücken genommen.
Mir hat aber die Gemeinschaft gefallen. Karate haben ja damals noch nicht so viele Leute gemacht.

Was hat sich seitdem verändert?

Ich habe früher mit viel Kraft trainiert, die Lockerheit habe ich erst später gelernt. Aber Karate ist seither auch ein richtiger Gesundheitssport geworden. Wir achten beim Jukengo sehr auf die richtige Haltung, die saubere Ausführung von Technik. Bei uns müssen ja auch alle Trainer ausgebildet sein

Du trainierst jetzt seit zwei Jahren mit Oli die Anfänger – was ist dir da besonders wichtig?

Ich trainiere sehr gerne, ich mag neugierige Leute! Unser Ziel ist es, alle mitzunehmen, in ihrem eigenen Tempo. Ich versuche keinen Stress aufzubauen, Stress haben die meisten ja schon im Alltag genug. Mit den Anfängern fangen wir wirklich auch bei den Grundlagen an – wie stehen die Füße, die Knie, die Hüfte? Wie macht man eine Faust? Da muss es auch immer Raum für Fragen geben. Wir sehen Karate ja als Breitensport, nicht als Leistungssport und auch nicht als Guru-Karate. Es soll Spaß machen!

Warum sind die Feinheiten gerade im Karate so wichtig?

Karate ist ein sehr exakter Sport, die Regeln machen einfach Sinn. Zum einen, um deinen Körper vor Verschleiß zu schützen. Aber auch, um bei Partnerübungen niemand zu verletzen. Gerade diese Übungen, das Kumite, finde ich sehr spannend.

Warum?

Es ist die Interaktion zwischen zwei Menschen. Ich weiß, es passiert nichts, die Regeln sind ja klar. Aber da ist Spannung, es geht um Kampf – wow! Ein Straßenkämpfer wird immer deine Lücken suchen, um dich zu treffen. Aber im Karate geht es darum, miteinander etwas zu erreichen.

Was lernst du für dich daraus?

Worte sind nicht so wichtig, zum Beispiel. Ich lerne im Karate ohnehin viel über mich. Was bin ich für ein Typ? Wie gehe ich damit um, wenn ich angegriffen werde, wie gehe ich mit Nähe und Distanz um. Das schult auch die Aufmerksamkeit. Ich merke selbst bei Rewe an der Kasse, wenn mir jemand zu nah kommt. Da kann ich freundlich drauf reagieren.